Gerhild Kreutziger - "inklusiv und solidarisch"
 

Die Kirche im Dorf lassen

"Unser täglich Brot gib uns heute". 

Sechs wichtige Worte aus dem Vaterunser möchte ich Ihnen hier ans Herz legen. Keine Angst, ich will Sie nicht zum Christentum missionieren. Aber die eine oder andere jahrtausendealte Weisheit verbirgt sich schon im "Buch der Bücher".

Jeder Mensch braucht zu essen. Ob das Grundnahrungsmittel nun Brot, Kartoffeln, Nudeln, Reis oder Gerste, in manchen Regionen Fisch oder Pflanzen heißt - egal, jeder Mensch hat das Recht, seinen Hunger zu stillen. Und das täglich und in ausreichender Menge!

Wir leben hier in Deutschland im Überfluss. Wir werfen Nahrungsmittel weg, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, lassen es zu, dass unzählig viele Zusatzstoffe die Lebensmittel haltbar und ansehnlicher machen und machen uns nur noch wenig Gedanken darüber, woher unsere Lebens-Mittel kommen.

Ihr Ursprung liegt nach wie vor in der Natur und mit dieser müssen wir weitaus pfleglicher umgehen als wir das heute tun. Wir dürfen durchaus ein wenig auf Distanz gehen, wenn es um Chemie geht, die uns ins Essen getan wird. Und wir müssen auf jeden Fall aufhören zu jammern, wie schlecht es uns geht. Jedenfalls den meisten von uns fehlt es an nichts.

Aber heute und hier gibt es Menschen, die nichts zu essen haben. Wir Deutschen leben weltweit nicht losgelöst von den anderen Völkern auf der Erde. Wir sind mitverantwortlich, wie die Ernährungslage dort ist. Es heißt ja "Unser täglich Brot". Wir sind auch verpflichtet,darüber nachzudenken, wieso wir so preiswerte Nahrung oder Kleidung bei uns kaufen können, obwohl wir doch zu den teuersten Arbeitskräften in der ganzen Welt zählen.

Und wer genau hinschaut, sieht, dass auch bei uns hier Kinder und Jugendliche oft nicht genug zu essen haben. Ich erlebe es bei meinen Kunden, die mit sogenannten bildungsfernen Jugendlichen arbeiten. Gemeinsam mit diesen wird in Jobcentermaßnahmen zur Aktivierung täglich ein Mittagessen gekocht, Tischgemeinschaft und viele Nahrungsmittel sind den Juegndlichen fremd. Und sie haben vor allem montags Hunger, weil sie am Wochenende eben kein Essen zu Hause vorfinden. Darüber müssen wir nachdenken!

Lassen Sie mich einen letzten Gedanken zum "heute" im Vaterunser einflechten:

Sieht man von Kindern und Jugendlichen ab, die entwicklungsgemäß im "heute und hier" leben, gibt es nur noch wenig Menschen bei uns, die nicht Vorsorge für Morgen betreiben. In der Menschheitsgeschichte war das Anlegen von Vorräten wohl die wichtigste Zäsur für die Zivilisation. Keine Frage, wenn durch Vorräte das Überleben über einen langen Winter gesichert ist, dann lebt man besser und kann sich auch anderen Dingen widmen als dem täglichen Kampf um die Nahrungssuche.

Der Überfluss in unseren Supermärkten hat aber nichts mehr mit "ausreichend" zu tun. Da wird mehr gehortet, als wir alle zusammen brauchen.

Wieso tun wir das? Und was treibt uns an dabei? Wir haben völlig überzogene Ängste, die immer wieder geschürt werden. Ängste, dass etwas nicht reichen könnte an unserem reich gedeckten Tisch.

Angst ist die wohl wichtigste Triebkraft der Marktwirtschaft. Das macht krank.

Die Angst, morgen nicht genauso gut zu leben wie heute, bringt uns dazu, unsinnige Versicherungen abzuschließen, die uns suggerieren, dass wir mit ihnen sicherer leben. Versicherungen können Ihr Leben nicht sicherer machen!

Das können wir nur in einer solidarischen Menschengemeinschaft. Und dies ausschließlich in weltweitem Kontext.

Sie werden es merken, eines Tages!