Gerhild Kreutziger - "inklusiv und solidarisch"
 

Selbst und ständig

Seit 1993 bin ich mit kleinen Unterbrechungen in den Anfangsjahren selbstständig. Das ist eine ziemliche lange Zeit und wenn ich zurückschaue, dann bin ich immer wieder überrascht, was ich in dieser Zeit alles erlebt habe. Vor allem, welche Herausforderungen ich bewältigt habe.

Hätte ich vor meiner Selbstständigkeit gewusst, womit ich alles konfrontiert werde, wer weiß - vielleicht hätte ich niemals den Schritt gewagt. Im Nachgang bin ich erstaunt, was ich alles gemeistert habe. Dinge, die ich nie gelernt habe, die mir niemand beigebracht hat. Und ich sehe bei Unternehmen, die ich heute begleite, dass es genau das ist, was einen Unternehmer ausmacht - dass er sich immer wieder den aktuellen Herausforderungen des Unternehmens stellt. Klar, jede/r von uns hat etwas gelernt, womit er oder sie das Unternehmen inhaltlich begründet. Da gibt es Therapeuten, (Be-)Lehrer, Solarteure, die ihr Handwerk gelernt haben.
Aber ein "guter Schuster" muss als Unternehmer auch ein Buchhalter sein, ein Verhandler, ein Problemlöser, ein Entwickler von Visionen für sich und andere. Da braucht man Phantasie und Geduld, Beharrungsvermögen und gute Nerven, die Bereitschaft und Fähigkeiten, sich immer wieder mit neuen Zusammenhängen zu befassen. Und gute Freunde und Partner in der Familie, die in unguten Zeiten zusammenstehen und helfen.

Warum erzähle ich das hier?

Weil ich überzeugte Selbstständige bin. Und weil ich überzeugt bin, dass Sachsen insbesondere von diesen Menschen lebt, die sich die Nächte um die Ohren schlagen, wenn sie eine Idee verfolgen, die ihr eigenes Geld investieren, weil sie davon überzeugt sind, dass sie eine gute Leistung oder Ware anbieten wollen. Und die stolz sind, sich ihren Unterhalt selbst zu finanzieren, Steuern zu zahlen und wenn das Unternehmen gut läuft, auch Menschen mit guten Löhnen zu beschäftigen.

Die Gründerzeit hat Görlitz groß gemacht. Unternehmer und Arbeiter wussten, dass sie nur MITEINANDER schaffen konnten. In dieser Zeit ist in Görlitz 1868 auch die SPD gegründet worden und hat bis 1932 die Kommunalpolitik bestimmt. Unter den Sozialdemokraten auch viele kleine Selbstständige.

Genau aus diesem Grund will ich mich im Dresdner Landtag nicht nur für bessere Arbeitsbedingungen von Beschäftigten einsetzen, sondern dafür, dass Handwerker und Selbstständige endlich eine Förderpolitik erleben, die diesen Namen auch wirklich verdient.

Ich will meine Erfahrungen einbringen, wie es ist, sich mit Fördertöpfen zu beschäftigen, die offenbar nicht wirklich für die Praxis gemacht sind.
Ich will deutlich machen, wie schwierig es ist, einen Unternehmensnachfolger zu finden.
Ich will davon berichten, wie lange es dauert, bis ein bewilligtes Darlehen tatsächlich ausgezahlt wird und wie lange ein Kleinunternehmer durchhalten muss, bis er wirklich investieren kann. 

Ich weiß aus eigener Erfahrung, wovon ich spreche. Und das braucht der Sächsische Landtag:  Abgeordnete, die wissen, wovon sie reden aus eigenem Erleben, nicht nur von einem Tag "Perspektivwechsel".